"Goldbergs Traum" - Markus Korselt und Jana Günther im Interview

Roboter erlebt SKO!

Ein XR-Konzert im Beethovensaal

 

Das neueste digitale Projekt des SKO ist wieder eine Weltpremiere: Nach „Resonanz“ und „Holo Harmonies“ geht es am 3. Oktober mit „Goldbergs Traum“ einen großen Schritt weiter in Richtung Zukunft. SKO-Intendant Markus Korselt und Regisseurin Jana Günther (XR-Konzept und XR-Regie) geben einen Einblick vorab.

 

Markus Korselt und Jana Günther im Interview (c) Wolfang Schmidt, pr

 

SKO: Das SKO macht wieder etwas, wofür es noch kein Vorbild gibt. Worin liegt diesmal das radikal Neue?

Markus Korselt: „Goldbergs Traum“ ist eine künstlerische Spielwiese, auf der wir mit digitalen Technologien für ein klassisches Konzert experimentieren. Unser musikalisches Erbe ist ein Wert an sich, keine Frage. Aber es darf ja etwas hinzukommen. Das Besondere ist hier nicht nur das audiovisuelle Eintauchen, sondern auch die Gleichzeitigkeit der Elemente, die Gesamtschau. Man hat selten die Gelegenheit, so viele kreativ verwobene Dinge in einem Konzert zu erleben. Wir machen aber keine Technik-Show, das wäre langweilig, sondern ein klassisches Konzert oder besser: eine neue Art von klassischem Konzert.

 

Exkurs: Dürfen wir vorstellen? Der IKO-Lautsprecher.
Er ist einer der technischen Protagonisten in „Goldbergs Traum“ und wird hörbare Skulpturen im Raum erschaffen.
Schwer vorstellbar? Dann legen wir Ihnen dieses Video ans Herz:


Der IKO-Lautsprecher (c) sonible

 

SKO: Das klingt nach „Gesamtkunstwerk“. Welche Elemente verknüpfen Sie miteinander?

Jana Günther: Das sind also das Stuttgarter Kammerorchester, zwei Konzertflügel, ein kleiner einarmiger KUKA-Roboter und Spot, ein Roboterhund – die beiden sind in der Geschichte, die wir mit der Musik erzählen, die Versinnbildlichung von Künstlicher Intelligenz. Sound Design als eigene Kunstform spielt auch eine Rolle. Weiter gibt es u.a. zwei IKO-Lautsprecher, die einen verblüffenden „spatialen“ Sound im Beethovensaal erzeugen, sowie drei große Leinwände für Animation. Dafür ist wie schon bei „Holo Harmonies“ der preisgekrönte Animationsfilm-Regisseur Moritz Mayerhofer zuständig.

 

SKO: Musikalisch stehen Bachs Goldberg-Variationen, das Minimalstück „In C“ von Terry Riley und eine Auftragskomposition von Gerriet K. Sharma auf dem Programm. Wie kamen Sie zu dieser Auswahl?

MK: Mit Bach fängt alles an, er ist der Grund, auf dem vieles steht. In den Variationen und auch in den Patterns in Rileys „In C“ finden wir eine Struktur, die sich sehr gut für eine digitale Erweiterung eignet.

JG: Und dazu kommen noch der Prolog und zwei Interludien mit Sound Design, das von Ana Monte kreiert wird. Sie hat uns auch Gerriet Sharma für die Komposition empfohlen, als wir einen innovativen und technikaffinen Komponisten suchten.

MK: Gerriets Uraufführung für elektronische Musik und Orchester wird eine neue Hörerfahrung bieten, die wir normalerweise in einem Abokonzert so nicht bekommen.

 

Ein Einblick in die Animationen von "Goldbergs Traum" (c) Moritz Mayerhofer

 

SKO: Ein Live-Konzert mit Orchester, Robotern, KI, Animation… welche Fragen taten sich bei der Ideenfindung auf?

JG: Das Thema nannten wir „Mensch-Maschine-Interaktion“. Ich finde hier das Wort „wundern“ sehr schön – wir wundern uns und fragen: Ist der KUKA tatsächlich „intelligent“? Was ist Subjektivität, Bewusstsein oder Individualität? Was ist Motivation? Was macht den Menschen einzigartig? Warum ist es ein Unterschied, ob ein Orchester musiziert oder man  vor 10 Robotern sitzt?

MK: Gleichzeitig ist das Konzert „Goldbergs Traum“ wie die „Zauberflöte“. Die Musik können wir auf viele verschiedene Arten lesen, sie kann aber auch ganz für sich stehen. Der neue Ansatz ist, dass man, obwohl es technisch komplex ist, keine Vorbereitung braucht und es einfach genießen kann.

 

KUKA und Spot in der Simulation (c) Moritz Mayerhofer

 

SKO: Wie läuft die Proben- und Teamarbeit bei so einem klassisch-digitalen Konzert ab?

JG: Der Leitfaden ist die Musik. Alle Gewerke arbeiten interdisziplinär und müssen sich permanent miteinander abstimmen. Wie auf einem 3D-Schachbrett.

MK: Ich finde das sehr spannend, weil es eine noch viel größere Verschränkung als bei „Holo Harmonies“ gibt. Gott sei Dank ist es das SKO. Ich kenne kein Orchester, das musikalisch so beweglich ist und sich auf solche Prozesse so schnell einlässt. Mit Haut und Haar.

 

SKO: Eine Weltpremiere stemmt man ja nicht mal eben so. Welchen Tipp würden Sie beide anderen Orchestern geben?

MK: Am Ende muss die Technik immer im Dienst der Musik stehen. Und die menschliche Komponente ist und bleibt sehr wichtig.

JG: Neugierig sein, mutig sein, experimentieren! Das SKO und mein Team aus der digitalen Welt lernen gerade unglaublich viel voneinander, das ist etwas ganz Neues. Das macht noch kein anderer.

 

Interview: Anne Sophie Meine

 

Alle Infos zum Konzert: Goldbergs Traum - Stuttgarter Kammerorchester

 

Goldbergs Traum in der Simulation (c) Moritz Mayerhofer

Veranstalterdetails

Kulturgemeinschaft Stuttgart e. V.
Willi-Bleicher-Straße 20
70174 Stuttgart

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Telefon: +49 711 224 77 20

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